Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte
Ist ein Patient/eine Patientin in ein Verfahren involviert, kommt der behandelnden Arztperson eine entscheidende Rolle zu. Sie muss sich nicht nur um den Patienten kümmern, sondern sich zusätzlich in versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Fragen auskennen. Vielen Ärzt:innen sind die rechtlichen Begrifflichkeiten nicht geläufig oder sie sind frustriert, weil ihre Arztberichte kaum Gehör finden. Hier erfahren Sie, worauf es vor allem ankommt.
Lesen Sie hier unsere Empfehlungen und vermeiden Sie die wichtigsten Fehler, wenn Sie Arztberichte für eine Versicherung verfassen.
Bestimmte Diagnosen werden «kritisch» von Versicherungen betrachtet (bspw. Schmerzstörungen oder auch leichte bis mittelschwere psychische Störungen). Darum ist es wichtig, dass die von Ihnen attestierte Arbeitsunfähigkeit anhand der festgestellten (psychopathologischen) Befunde plausibilisiert wird. Es ist möglichst detailliert zu beschreiben, aus welchen medizinisch- psychiatrischen Gründen die erhobenen Befunde das funktionelle Leistungsvermögen und die psychischen Ressourcen in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht zu schmälern vermögen. Dabei miteinbezogen werden sollen zu Kontroll- und Plausibilisierungszwecken auch die sonstigen persönlichen, familiären und sozialen Aktivitäten der versicherten Person. Wichtig ist vor allem auch der bisherige Krankheitsverlauf, eine Darstellung über allenfalls gescheiterte Therapien und Aussagen dazu, wie sich die Befunde bei Belastung, bspw. bei beruflichen Massnahmen oder Arbeitseinsätzen, verändert haben.
Immer wieder werden die Begriffe Teilkausalität und überwiegende Wahrscheinlichkeit falsch verstanden oder fehlinterpretiert. Versicherungsrechtlich darf der natürliche Kausalzusammenhang nur dann verneint werden, wenn derselbe Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis zur gleichen Zeit und in gleicher Intensität eingetreten wäre. Eine Teilkausalität reicht dabei aus. Diese muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen. Wenn mehrere Ursachen in Frage kommen, ist die wahrscheinlichste Ursache/Ursachenkombination als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten. «Bei psychischen Störungen nach Unfällen kommen in der Regel mehrere Wirkfaktoren zusammen. Das überwiegend wahrscheinliche Bestehen eines Zusammenhangs zwischen Unfall (Unfallerleben oder Unfallfolgen) und aufgetretener psychischer Störung genügt als Grundlage der Attestierung eines natürlichen Kausalzusammenhangs mit dem Unfall. Ein solchermassen teilkausaler Zusammenhang von psychischen Störungen nach Unfällen ist in den meisten Fällen gegeben.
Weitere Infos: saez-ch
(vgl. Qualitätsleitlinien für versicherungspsychiatrische Begutachtungen der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie SGPP S. 36 f.).
- Besprechen und motivieren Sie Ihre Patienten frühzeitig für berufliche Massnahmen, allenfalls mit dem Hinweis,
- dass bei Schmerzleiden nur selten Aussicht auf dauerhafte Sozialversicherungsleistungen besteht!
- Jede Chance und jedes Hilfsangebot seitens der IV unbedingt angenommen werden sollte!
- Solche Massnahmen zu einer Stabilisierung des Zustands führen können und evtl. Taggelderausgerichtet werden!
- IV-Gutachter Schmerzleiden oftmals als nicht objektivierbar erachten und daher regelmässig hohe oder gar volle Arbeitsfähigkeiten attestieren!
- Arbeitsversuche und Arbeitstrainings oftmals die einzige Möglichkeit für den Patienten sind, die effektive Arbeits- und Leistungsfähigkeit nachzuweisen!
- Es allerdings unabdingbar ist, dass der Patient an solchen beruflichen Massnahmen motiviert und mit vollem Einsatz teilnimmt, andernfalls die Resultate meist nicht verwertbar sind!
- Fordern Sie die IV in Arztberichten und Schreiben im Namen Ihres Patienten auf, Arbeitsversuche oder ein Arbeitstraining einzuleiten!