Nach der dritten OP an meinen Stirn- und Nebenhöhlen wurde ich im März 2011 ernsthaft krank. Die Ärzte diagnostizierten chronische Stirn- und Nebenhöhlenentzündungen sowie Virenbefall durch EBV, HSV, Masern und CMV. Trotz der immer schlimmer werdenden Beschwerden arbeitete ich weiter 100 Prozent. Ich war damals Chef einer wichtigen Sektion in einem Bundesamt.
Traumjob aufgegeben
Über die Jahre ging es mit meiner Gesundheit konstant abwärts. Ich konnte mich nicht mehr sportlich betätigen und musste nach getaner Arbeit sofort ins Bett. Auch die Wochenenden verbrachte ich im Bett. Meine Familie kriegte mich kaum noch zu Gesicht.
Im Herbst 2016 entschloss ich mich schweren Herzens, meinen Traumjob aufzugeben und in eine weniger anspruchsvolle Funktion zu wechseln. Ich verlor zwar so einen Teil meines Einkommens, erhoffte mir aber die Auswirkungen meiner Krankheit besser handhaben zu können.
Leider hatte der Arbeitswechsel keinen positiven Einfluss auf meine Krankheit. Im November 2018 erlebte ich einen Zusammenbruch, und seither bin ich arbeitsunfähig, fast ausschliesslich bettlägerig und auf die Unterstützung meiner Frau angewiesen.
IV kann klarer Diagnose der Gutachterin nicht folgen
Die Leitende Ärztin der Inneren Medizin eines renommierten Spitals, ihres Zeichens Gutachterin und national sowie international anerkannte Expertin, diagnostizierte bei mir nach langwierigen und umfassenden Untersuchungen schliesslich die Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) und erklärte mich zu 100 Prozent arbeitsunfähig. ME/CFS ist eine schwere neuro-immunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt. Weltweit sind viele Millionen Menschen betroffen. Die WHO stuft ME/CFS (ICD-10 G.93.3.) seit 1969 als neurologische Erkrankung ein.
Die IV-Stelle hingegen, konnte nach zwei Jahren Verfahren keine erhebliche Beeinträchtigung meiner Arbeitsfähigkeit feststellen. Das polydisziplinäre Gutachten bei einem berüchtigten Gutachterinstitut war eine Zumutung. Durch acht verschiedene Ärzte wurde ich auf alles nur nicht auf meine Krankheit untersucht. ME/CFS wurde im Gesamtgutachten nicht einmal erwähnt. Das Teilgutachten der Neuropsychologin, welches mir eine starke Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit attestierte, wurde im Gesamtgutachten ausgeblendet.
Kurzer Erfolg mit Gegengutachten
Das Gutachten war so unprofessionell sowie fehlerhaft und die daraus resultierende Berechnung meiner Arbeitsunfähigkeit so offensichtlich falsch, dass die Einsprache meines Vertrauensanwalts von «Versicherte Schweiz» mit dem Gegengutachten eines Universitätsspitals von Erfolg gekrönt war. Mit diesem Teilerfolg war leider noch nichts gewonnen. Die IV-Stelle bestand auf einer erneuten Begutachtung.
Nach nochmals eineinhalb Jahren wurde diese schlussendlich auf Drängen von meinem Arzt und meinem Anwalt stationär in einer Klinik durchgeführt. Dort wurde ich während einer Woche von kompetenten Ärzten auf meine Krankheit und deren Auswirkung auf meine Arbeitsfähigkeit untersucht. Diese Begutachtung war von derjenigen beim ersten Gutachten in Basel grundverschieden. Die Ärzte waren bestens mit meiner Krankenakte vertraut, sie waren gründlich, menschlich und interessiert. Sie kannten die Krankheit ME/CFS und deren Symptome. Das Gutachten ist in den kommenden Monaten zu erwarten.
Ein unmenschliches System
Das System der IV Schweiz ist aus meiner Sicht fragwürdig, teuer, langwierig, rechtstaatlich problematisch. Vor allem empfinde ich es als unmenschlich. Um heute eine Rente zu erhalten, muss ein kranker Mensch einen Anwalt einschalten und den Rechtsweg einschreiten. Dies ist einem Sozialstaat wie der Schweiz unwürdig. Ich unterstütze die Ziele von «Versicherte Schweiz», denn die vorhandenen Probleme können nur auf politischem Weg gelöst werden.
Name des Patienten der Website-Redaktion bekannt